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Die Flut der E-Mails bewältigen 📨 🌊

Aktualisiert: 19. Feb.

E-Mail als Kommunikationsmedium ist vor allem in unserem Business-Alltag nicht mehr wegzudenken. Wahrscheinlich kennst Du das Gefühl auch: kaum hast Du eine Reihe von E-Mails abgearbeitet, hat sich das Postfach schon wieder gefüllt. Unsere E-Mail-Postfächer könnte man mit dem Felsbrocken vergleichen, den Sisyphus in der griechischen Mythologie versuchte den Berg hochzuschieben. Kurz bevor er oben auf dem Gipfel ankommt, rollt der Stein wieder runter und er fängt von vorne an. Die Kommunikation via E-Mail ist zweifelsohne eine der wichtigsten technischen Errungenschaften in der Kommunikation und bringt viele praktische und wertvolle Aspekte mit sich. E-Mails können aber auch Stress auslösen und eine negative Auswirkung auf unseren Arbeitsalltag und auf unser psychisches Wohlbefinden haben.


Die Geschichte der E-Mail


Zuerst ein paar historische Hintergründe. E-Mail ist die Abkürzung von ‹electronic mail›, übersetzt also ‹elektronische Post›. Die allererste E-Mail wurde bereits 1971 von Ray Tomlinson versendet. Ray arbeitete damals an der Entwicklung einer Vorstufe des Internets und spielte mit der Idee rum, eine Nachricht von einem PC auf einen anderen zu senden, was tatsächlich auch gelang. Es dauerte allerdings noch einige Zeit, bis der E-Mail-Verkehr für die breite Masse zugänglich wurde. In den 1990er Jahren wurde dann die E-Mail mit dem Aufkommen des Internets für alle zugänglich. Seither ist einiges passiert und die E-Mail hielt immer mehr Einzug in die Unternehmenswelt und anschliessend auch in die Privathaushalte. Statistiken zeigen, dass der durchschnittliche deutsche Arbeitnehmer 2021 rund 26 berufliche E-Mails pro Tag erhielt, Tendenz steigend.


Im Jahr 2023 wurden täglich über 347 Milliarden E-Mails weltweit versendet – eine schier unvorstellbare Menge, oder? Würde man jedes dieser Mails auf ein Blatt Papier ausdrucken und alles aufeinanderstapeln, hätte man mit diesem Stapel in 11 Tagen den Mond erreicht. Der Trend reisst nicht ab und die Anzahl versendete E-Mails steigt von Jahr zu Jahr weiter an. So schnell wird sich daran auch kaum etwas ändern, denn die E-Mail gilt nach wie vor als wichtigstes Kommunikationsmittel, zumindest im beruflichen Umfeld.


Menge weltweit versendeter und empfangener E-Mails in Mrd. pro Tag mit Prognose bis 2026. Quelle: Statista


Stress und Kosten durch E-Mails – Eine wissenschaftliche Perspektive


Eine Studie aus Österreich von Fischer und Riedl (2017) beschreibt verschiedene Stressoren, die durch E-Mail als Kommunikationsmedium entstehen können. So kann die grosse Masse an E-Mails das Gefühl von Kontrollverlust auslösen. In der Studie wird verdeutlicht, dass dieses negative Gefühl und der damit verbundene Stress v.a. dadurch reduziert werden kann, indem das E-Mail-Postfach nur wenige Male pro Tag überprüft wird und eine Struktur und Strategie zur Verarbeitung von eigehenden Nachrichten vorhanden ist. Das wiederum hat signifikante Auswirkungen auf das allgemeine Wohlbefinden der Betroffenen. In der Studie wird zudem darauf hingewiesen, dass E-Mail ein auf Text beschränktes Medium ist und dadurch einige Limitierungen mit sich bringt. Emotional geladene Nachrichten können durch die Unsicherheit bei der Interpretation ebenfalls Stress auslösen. Darum sollte je nach Inhalt der Botschaft auch ein anderer Kommunikationskanal (z.B. ein persönliches Gespräch) bevorzugt werden.



In Bezug auf die Häufigkeit des Checkens des E-Mail-Postfachs kommt eine Studie der University of British Columbia (2015) auf sehr ähnliche Ergebnisse. Die Studie belegt, dass das häufige Checken von E-Mails das Stressniveau erheblich erhöht. Menschen, die ihr E-Mail-Postfach nur dreimal täglich überprüfen, berichten von signifikant weniger Stress.

Wenn man den Aspekt des Kontrollverlusts weiterverfolgt, können auch wirtschaftliche Folgen beleuchtet werden. Eine grosse Menge an E-Mails kann dazu führen, dass die Betroffenen den Überblick über die Kommunikation und die damit verbundenen Informationen verlieren. In diesem Zusammenhang hat eine Studie von Mindjet (2012) auf der Basis von 1000 befragten Mitarbeitenden aufgezeigt, dass die Betroffenen im Durchschnitt 36 min. pro Tag nach den richtigen Informationen suchen müssen. Nebst dem mentalen Stress resultieren daraus jährlich rund zwei Arbeitswochen unproduktive Zeit, in der die Arbeitnehmenden nach Informationen suchen.


Quelle: HR-Performance (2012)


Möglichkeiten, die Menge an E-Mails zu reduzieren


Zur Reduktion des E-Mail-Volumens und der damit verbundenen Stressoren können insbesondere die Unternehmen einen entscheidenden Beitrag leisten. Im Rahmen eines ‹E-Mail-Knigges› kann beispielsweise festgelegt werden, welche Informationen überhaupt via E-Mail transportiert werden sollen. Entscheidend dabei ist auch der Umgang mit der CC-Funktion. Sogenanntes ‹E-Mail-Ping-Pong› - im schlimmsten Fall noch mit vielen CC-Adressaten - kann den E-Mail-Verkehr unnötig steigern. Wenn dann auch noch die Inhalte weder zweckmässig noch zielführend sind, kann rasch ein ‹Bullshit-Ping-Pong› entstehen, das häufig wertvolle Zeit und personelle Ressourcen bindet, ohne dass daraus ein Nutzen entsteht. Kommunikation ist immer auch ein kultureller Aspekt und die Unternehmen sind in der Verantwortung, diese sinnvoll zu gestalten. In diesem Zusammenhang kommt auch den Führungskräften eine entsprechende Bedeutung zu. Wenn beispielsweise ein Mailverkehr mit mehr als fünf CC-Einträgen ein paar Mal hin und her gegangen ist, wäre ein kurzes Meeting in Erwägung zu ziehen, um den Sachverhalt zu klären. Ein weiterer wichtiger Aspekt, der in einem ‹Knigge› festgelegt werden könnte, ist die Erwartung an die Reaktionszeit. Gerade dann, wenn Mitarbeitende Ihre E-Mails nur 2-3 Mal am Tag checken, macht es wenig Sinn, Notfallübungen via E-Mail zu koordinieren. In dringenden Fällen sollte viel eher das Telefon in die Hand genommen werden. Zudem kann es Sinn machen, die ‹E-Mail freie Zeit› explizit festzulegen, z.B. nach Feierabend, am Wochenende oder in den Ferien. Klingt logisch oder? Ist es aber bei weitem nicht!


Zeitmanagement und Produktivitätstechniken: Der Schlüssel zur Effizienz


Der grösste Hebel im Umgang mit der E-Mail-Flut sind aus meiner Sicht gutes Zeitmanagement und der Einsatz von Produktivitätstechniken. Dadurch kann die eigene Arbeitseffizienz signifikant gesteigert und das Stresserleben deutlich reduziert werden. Es gibt allerdings nicht DIE Technik, die Dich über Nacht produktiver macht. Es macht Sinn, sich ein individuelles Set an Techniken anzugewöhnen, das auf die eigene Persönlichkeit und die eigenen Bedürfnisse abgestimmt ist. Der Aufbau und das ‹an-trainieren› eines solchen Sets ist ein Lernprozess und vergleichbar mit dem Erlernen einer neuen Sprache oder einem Instruments: es erfordert solide Grundlagen, viel Übung, Geduld und Disziplin. Gerne zeige ich Dir folgend meine 5 Lieblings-Techniken, mit denen ich schon viele Jahre intensiv und erfolgreich arbeite.


Das ‹one-touch› Prinzip


Bei diesem Prinzip geht es darum, dass jede eingegangene E-Mail nur 1x geöffnet wird. Dabei wird sofort entschieden, was mit der Nachricht gemacht wird. Was auf den ersten Blick womöglich schwer umsetzbar erscheint, ist eigentlich ganz einfach und klappt bei mir in 95% der Fälle. So kann ich in kurzer Zeit sehr viele Mails abarbeiten, was vor allem nach längerer Abwesenheit, z.B. nach den Ferien sehr hilfreich ist. Natürlich braucht es dazu einen Plan, was mit der jeweiligen E-Mail gemacht werden soll, wenn sie geöffnet wird. Für diese Technik habe ich Dir einen kleinen Algorithmus skizziert (siehe Abbildung), den Du im Alltag ausprobieren kannst. Übrigens sind die 5% der E-Mails, bei denen das ‹one-touch› Prinzip nicht funktioniert genau jene, die kurzzeitig auf dem ‹Parkplatz› landen. Die muss ich dann halt noch ein zweites Mal anklicken.



Informations- und Pendenzenmanagement


Wie auf dem Algorithmus gut zu erkennen ist, braucht es im Hintergrund ein solides Informations- und Pendenzenmanagement, damit das Ganze auch effektiv funktioniert. Das E-Mail-Programm eignet sich definitiv nicht als Todo-Liste und schon gar nicht als Datenablage. Es gilt also die wichtigsten Informationen und Aufgaben, die aus dem E-Mail-Verkehr resultieren, in eine geeignete Arbeitsumgebung zu transferieren. Einfach mal RAUS aus dem E-Mail-Postfach, sonst wird es unübersichtlich. Entwickle für Dich eine alltagstaugliche Pendenzenliste und schaffe eine sinnvolle Ordnerstruktur für die Datenablage, um ein unnötiges Suchen nach Informationen zu vermeiden. Dazu gibt es sehr viele unterschiedliche Tools und Möglichkeiten. Welches Tool Du schlussendlich dafür nutzt, hängt in erster Linie von Deinen persönlichen Bedürfnissen sowie datenschutzrechtlichen Aspekten ab. Es ist wichtig sich mit der Datenschutz-Policy der eigenen Organisation zu befassen. Insbesondere dann, wenn Personendaten oder gar ‹besonders schützenswerte› Daten (z.B. Patientendaten) verarbeitet werden ist es wichtig, dass das Tool vom Unternehmen zugelassen und die erforderliche Datensicherheit gewährleistet ist.


Sehr viele Unternehmen nutzen Produkte von Microsoft. Mit Outlook, Todo und Planner ist in diesem Paket eigentlich alles vorhanden, was es für ein effizientes E-Mail- und Pendenzenmanagement braucht. Nutzt Dein Unternehmen dann noch Microsoft Teams oder ein anderes Kollaborations-Tool, ist bereits eine sehr gute Basis für effizientes Arbeiten in Deinem Team vorhanden. Durch Kollaborations-Tools kann (wenn richtig eingesetzt) das Volumen an E-Mails in einem gewissen Mass reduziert werden, da der Informationsfluss insbesondere bei Projektaktivitäten oder teambasierten Themen ‹gebündelt› sowie zentral und übersichtlich dargestellt wird.


Zeitblöcke planen


Für die Bearbeitung von E-Mails, aber auch für sonstige Tasks, plane ich mir in der Regel fixe Zeitblöcke ein, die ich dann auch in der Agenda eintrage und bewusst für die geplanten Aufgaben nutze. Das klappt natürlich nicht immer. Es kommt ab und zu vor, dass ich diese Blöcke dann kürzen oder umplanen muss, weil unter Umständen etwas wichtigeres und dringenderes dazwischenkommt. Den Grossteil dieser Zeitblöcke kann ich aber wie geplant nutzen und z.B. dann gezielt meine E-Mails bearbeiten. Du fragst Dich vielleicht, warum man das im Voraus planen soll und die E-Mails nicht einfach ‹ad-hoc› bearbeiten kann? Dafür gibt es aus meiner Sicht zwei Gründe. 1. wenn man etwas plant, ist die Chance um ein vielfaches höher, dass man es dann auch wirklich macht. Und 2., wenn man sich z.B. ein Zeitfenster von 1 Std. für die Bearbeitung der E-Mails plant, dann kann man sich dafür auch an einen ruhigen Ort zurückziehen, wo man den Fokus darauf richten kann und so auch in den ‹flow› kommt.


Das Eisenhower Prinzip


Wahrscheinlich ist Dir die Eisenhower-Matrix auch schon ein Begriff. Der 34. Präsident der vereinigten Staaten, Dwight D. Eisenhower soll Erzählungen nach seinen Schreibtisch in vier Quadranten unterteilt haben, um so seine anstehenden Aufgaben einer Priorität zuordnen zu können. Ob diese Geschichte stimmt, ist fraglich. Das hat aber keinen Einfluss auf die Wirksamkeit dieser Methode. Diese Technik ist sehr einfach zu erlernen und erfordert keine besonderen Hilfsmittel. Nur schon die Auseinandersetzung mit der Frage, was den ‹wichtig› und ‹dringend› ist, ist ein wertvoller Prozess für das eigene Zeitmanagement. Es braucht ein bisschen Übung und zugegeben ist nicht jede Aufgabe einfach zuzuordnen. Wenn man sich allerdings über längere Zeit und konsequent mit dieser Einteilung befasst, dann bin ich von einer positiven Entwicklung im persönlichen Zeit- und Selbstmanagement überzeugt. Je nachdem welches Pendenzen-Tool Du nutzt, lässt sich das auch sehr gut dort einbauen. So muss der Schreibtisch nicht in vier Quadranten unterteilt werden und Du hast von überall her einen guten Überblick über Deine Aufgabenpriorisierung.


Quelle: Eigene Darstellung der ‹Eisenhower Matrix› | HertachCoaching (2024)


Monotasking statt Multitasking


Ob im Business oder privat, der Begriff ‹Multitasking› findet immer wieder Verwendung. Doch um was geht es beim Multitasking genau? Der Begriff beschreibt grundsätzlich nur mal die Ausführung von mehreren Tätigkeiten gleichzeitig. Das Gegenteil von Multitasking wäre dem zufolge das ‹Monotasking› oder auch ‹Singletasking› genannt, also die Ausführung von nur einer Tätigkeit zur gleichen Zeit. Was unter dem Begriff Multitasking aber nicht genau definiert ist, ist die Komplexität der parallel ausgeführten Tätigkeiten. So gelten bspw. zeitgleiches Joggen und Musikhören de facto auch als Multitasking. Für die meisten Menschen wird das sehr gut machbar sein. Je komplexer die Aufgaben aber werden, desto unmöglicher wird es, diese auch parallel und mit dem erforderlichen Fokus (!) auszuführen. Eine E-Mail schreiben und gleichzeitig auch eine Sitzung aufmerksam zu verfolgen, wird im Rahmen der verfügbaren Hirnleistung nahezu unmöglich sein. Denn unser Hirn ist schlichtweg nicht dafür ausgerichtet, mehrere anspruchsvolle Aufgaben gleichzeitig zu erledigen.


An dieser Stelle würden mir jetzt viele alteingesessene Multitasker widersprechen. Zu Recht...aus ihrer Sicht. Denn ihr Gehirn gaukelt ihnen sehr erfolgreich vor, dass dies möglich ist und sie grad eine super Leistung erbringen. Zwei Aspekte gilt es dabei zu beachten. 1. wird durch Multitasking der Neurotransmitter Dopamin ausgeschüttet (auch bekannt als Glückshormon), wie bspw. in diesem Artikel aufgezeigt wird. Dieser Effekt belohnt uns dafür, dass wir mehrere Tasks gleichzeitig erledigen konnten. 2. machen wir genau genommen gar kein Multitasking bei mehreren anspruchsvollen Aufgaben. Viel mehr verfallen wir dem Effekt des ‹task switching›, wie z.B. diese von der American Psychological Association publizierten Studie zeigt. Unser Gehirn wechselt also den Fokus in Sekundenbruchteilen von einem Task zum anderen und wieder zurück. Das geht so schnell, dass wir denken, dass wir uns auf die verschiedenen Tasks gleichzeitig fokussieren. Das Problem dabei ist, dass es bei jedem Fokuswechsel eine Verzögerung gibt, sogenannte ‹switching costs›. Zudem steigt die Fehleranfälligkeit beim Multitasking deutlich an. Insgesamt sind wir in den meisten Fällen also gleich schnell, wenn wir ein Task um den anderen machen und haben auch noch eine niedrige Fehlerquote.


Fazit


  • E-Mails sind unverzichtbar für die Geschäftskommunikation, können jedoch Stress und das Gefühl von Kontrollverlust auslösen. Strategien wie z.B. die Reduktion des E-Mail-Checkens auf 2-3mal pro Tag können helfen, den Stress zu reduzieren.

  • Eine grosse Menge an E-Mails kann dazu führen, dass man den Überblick verliert. Das führt nebst dem Stresserleben zusätzlich zu unnötigem Zeitaufwand bei der Informationssuche.

  • Unternehmen können durch klare Kommunikationsrichtlinien (E-Mail-Knigge) und alternative Kommunikationskanäle für komplexe Themen den Stress reduzieren und die Effizienz der Teamarbeit fördern.

  • Ein gutes Zeitmanagement und der Einsatz von Produktivitätstechniken können helfen, den Überblick zu behalten und Stress zu reduzieren. Meine 5 Lieblingstechniken für den Umgang mit E-Mails sind:

    • Das „one-touch“ Prinzip

    • Entwicklung einer sinnvollen Pendenzenliste und Ordnerstruktur

    • Zeitblöcke planen

    • Die Eisenhower-Matrix

    • Monotasking statt Multitasking

  • Das Wichtigste: Die Techniken müssen zur Gewohnheit werden! Erst dann entfalten sie ihre Wirkung. Wenn man sich etwas Neues angewöhnen muss, kostet das erstmal zusätzliche Zeit und Energie. Da muss man durch!


Über App's, Tools und KI zur Unterstützung beim E-Mail-Management berichte ich gerne in einem zukünftigen Blogbeitrag 🤖


Quellen:

 
 
 

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